Kilimanjaro

5895m



Tansania
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Ruhender Vulkan
(1948 dumpfe Erschütterungen).
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50x80 km Grundfläche, neben dem Hauptgipfel Kibo (mit durch Einbruch entstandener Caldera) 2 weitere ehem. Eruptionszentren: stehengebliebener Härtling Mawenzi (5151 m) und im W der Shirakamm (4003 m).
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300 km südl. des Äquators, höchster rundum freistehender Berg der Erde.
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1848 vom ersten Europäer erblickt, 1889 Erstbesteigung durch Leipziger Geographen Hans Meyer und Salzburger Turnlehrer Ludwig Purtscheller. Name: Kaiser-Wilhelm-Spitze, seit 9.12.1962 =Unabhängigkeitstag Tansanias Uhuru Peak (Freiheitsspitze).

Häufig auch von Kenia aus aufgesucht.
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Bekannteste Routen:
Marangu-Route(O) = Normalroute Rongai-Route (N) Mweka-Route (S) Umbwe-Route (S) Machame-Route (SW)
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Besonderheiten:
Nur mit Anmeldung und einheimischen Führern.
Auch private Organisation möglich (deutlich billiger, aber Nutzung öffentlicher Transportmittel).
Versch. tropenmedizin. Prophylaxe erforderlich.
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Pauschalanbieter:
DAV Summit Club, Reiseservice Afrika
u. a.
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Empfehlung:
Tour sollte mit Safari in einem der Nationalparks Tansanias oder Kenias verbunden werden.
Auch Bade-Abschluß am Meer ist angenehm.
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Tips zur Normalroute:
Voraussetzungen: Keine techn. Schwierigkeiten, aber Ausdauer erforderlich (>4000 Höhenmeter, insgesamt 107 km auf eigenen Füßen. Kann besonders im unteren Teil bei Regenwetter sehr glitschig werden.
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Rechtzeitig bei den Hütten der Etappen ankommen - keine Reservierung, Guide und 1. Teinehmer bekommen Plätze für Gruppe zugewiesen.
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Gewöhnlich 6 Tage. Für Akklimatisation wichtig: Step high - sleep down, evtl. Ruhetag im Camp Horombo.
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Guides haben kein besonderes Interesse, bis zum Gipfel zu gehen, brechen lieber am Gillmans Point ab (Kraterrand, 2 km vom Gipfel und 210 m niedriger).
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Ausrüstung:
Schlafsack, mittlere Bergschuhe, Regen-, Kälteschutz, Gamaschen, evtl. Stöcke, Stirnlampe, Gletscher- od. gute Sonnenbrille, Sonnenschutz. Keine Steigeisen, kein Seil.
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Allgemeine Kenia/Tansania-Tips:
Kl. Geldbeträge als Trinkgeld für alle möglichen Dienste; kl. Geschenke, Süßigkeiten für Kinder. Beim Souvenirkauf handeln, Holzschnitzereien günstig, aber nicht alles Schwarze ist Ebenholz (Schuhcreme!).
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Wünsche nach genaueren Infos bitte per e-mail an mich!

Schnee am Äquator

Ein angenehmer Sommerabend im August 1993 im Amboseli-Nationalpark in Kenia. Wie eine Fata Morgana taucht er zum ersten Mal aus dem Dunst des Tages vor uns auf: der riesige Kilimanjaro. Und da wollen wir zu Fuß hinauf? Ganz schön vermessen. Wir sind gespannt, was da auf uns zukommen wird. In unserer kleinen Gruppe vom Reiseservice Afrika sind noch Rudi, Ernst und Edgar aus Lahr im Badener Raum und Tamara, die uns immer wieder verwunderte. Zuerst, weil sie aus New York kam und perfekt deutsch sprach, und dann, als wir erfuhren, daß sie von Beruf Marketing-Vizechef des internationalen Kosmetikherstellers Estée Lauder ist und im Arbeitsalltag nicht mal im Fahrstuhl ohne Bodyguard fährt. Wir hatten uns ganz gut zusammengefunden und nannten uns in Anlehnung an die Tierwelt im Nationalpark (und auf unseren gekauften T-Shirts) - Elefant, Büffel, Löwe, Nashorn, Leopard - ganz unbescheiden "The big 5". Wir hatten schon Safaris in den Nationalparks Tsavo-West und Amboseli hinter uns, und am nächsten Tag sollte es nun nach Tansania gehen.

Tamaras Englisch-Kenntnisse + 1 $ pro Nase, mit denen sie die richtigen Leute bei Laune hielt, brachten es zustande, daß die berüchtigten Zollformalitäten in Taveto beim Übergang nach Tansania sehr beschleunigt verliefen.

Nun schnuppern wir die Atmosphäre im berühmten Kibo-Hotel in Marangu. An den Wänden überall Zeugnisse der Erstbegeher und anderer Berühmtheiten. Wir erfahren, wer alles schon oben war, aber auch, daß es viele nicht geschafft haben, z. B. der Mond-Erstbegeher Neal Armstrong oder gar der Everest-Bezwinger Sir Edmund Hillary. Die schwedische Hotel-Managerin weiß so manche Story zu erzählen.

Gegen 9 Uhr streben wir nach Abwicklung der Formalitäten am Marangu-Gate (1830 m) unserem 1. Tagesziel Mandara (2700 m) entgegen. Wir haben den Wettergott auf unserer Seite, denn es ist und bleibt heute trocken. Immerhin haben wir 16 km vor uns, und die wären auf der hier eher üblichen 'Schmierseife' im Bergregenwald recht unangenehm.

Die nächste Tagesetappe, wiederum 16 km, sieht uns nach Verlassen der Regenwaldzone bald durch Riesenheidekraut und Strohblumen aller Art wandern. Es ist ein ungewohntes, zu Beginn fast etwas unangenehmes Gefühl, nur mit leichtem Gepäck die Landschaft zu genießen, während die Träger mit großen Rucksäcken, Körben, ja sogar Paletten mit Eiern schwitzen. Aber ihr Strahlen und ihre überaus große Freundlichkeit machen klar, daß dieser Job, nach dem sie bei der Auswahl Schlange gestanden haben, ein Segen für sie und ihre Familie ist. Sie alle können von den 50$ + Trinkgeld einen ganzen Monat leben.

Uns fällt die Sauberkeit unterwegs auf, und so wundern wir uns schon nicht mehr über ein Toilettenhäuschen auf halbem Weg zu den Horombo-Hütten (3720 m). Die Hütten von Horombo und Mandara wurden von Norwegern errichtet und werden durch Solaranlagen mit Energie versorgt. Es ist erstaunlich, welch schmackhafte Speisen die Guides und Träger für ihre Gruppen bereiten. Und besonders angenehm: das auf jeder Hütte angebotene Bier, an der untersten für 2 DM, an jeder nächsthöheren um 50 Pf. teurer.

In Horombo werden wir zur besseren Akklimatisation 2 Nächte bleiben. Der "Ruhetag" wird genutzt, um von Horombo einen Abstecher zum Mawenzi-Sattel (ca. 4500 m) zu machen. Das ergibt hin und zurück wieder die obligatorischen 16 km. Dabei gewöhnen wir uns gleich an den Gehrhythmus unseres 2. Guides Nixon, der uns auch zum Gipfel führen soll. Sein Motto heißt "Pole, pole!", was etwa "Immer mit der Ruhe" bedeutet. Wir werden später erfahren, wie wichtig gerade dieser Grundsatz ist. Im Horombo-Camp treffen wir auch eine sächsische Truppe aus Bautzen, die 1 Tag Vosprung vor uns hat.

Und wieder geht es 16 km weiter, diesmal zur Kibo-Hütte (4703 m). Unterwegs kommen wir am "Last water point" vorbei. Die Trüger schleppen die schweren Kannister und Feuerholz zur Hütte, um uns auch hier versorgen zu können. Es gibt die ersten Höhenkranken. Eine Japanerin bricht auf den letzten Metern zur Hütte zusammen; manchem ist schlecht. Von den Bautznern erfuhren wir, daß sie ziemliche Probleme hatten und 2 der 5 umkehren mußten. Sie waren zu früh aufgebrochen, so daß es sehr kalt war. Außerdem waren sie es zu schnell angegangen. Als Krönung hatte der Bergführer den 3 restlichen eingeredet, daß sie für den Weg zum eigentlichen Gipfel Steigeisen bräuchten.

Wir wollen es unbedingt schaffen und steigen am Nachmittag noch bis auf knapp 5000 m weiter, genießen dort die Aussischt auf den gegenüberliegenden Felsgipfel des Mawenzi, bis uns die abendliche Kühle zur Hütte zurücktreibt. An Schlaf ist nicht so richtig zu denken. Die meisten sind ziemlich aufgeregt, packen immer wieder ihren Rucksack um, weil irgendjemand rät, irgendetwas unbedingt mit ein- und anderes wieder auszuzupacken. Auch heute gehen die ersten Gruppen wieder zu zeitig los. Die Guides haben keinerlei Interesse, bis zum eigentlichen Gipfel, dem Uhuru-Peak, zu gehen. Es ist daher allen, die das ernsthaft wollen, dringendst zu empfehlen, den zermürbenden Zickzack-Aufstieg über die Riesen-Geröllhalde bis zum Kraterrand = Gillmans Point (5685 m) so einzurichten, daß man da gerade bei Sonnenaufgang ankommt. Das klappt bei "Pole, pole" ganz gut, wenn man etwa 1 Uhr losgeht, keinesfalls vorher. Dort sind bis -20° C möglich, und wer dann auf den Sonnenaufgang warten soll, vergißt ganz schnell seine Gipfelambitionen. Um diesen Verzicht schmackhaft zu machen, wird das Erreichen von Gillmans Point als eine Art kleiner Gipfelsieg gewertet, für den man auch eine spezielle Urkunde bekommt.

Wir waren erst 1.45 Uhr losgegangen und erreichten den Punkt kurz nach Sonnenaufgang. Unterwegs begegneten wir bereits etlichen Umkehrenden. Mein Tip für alle, die es unbedingt schaffen wollen: Gehe am besten direkt hinter dem Guide. Der geht ganz gleichmäßig sein "Pole, pole". Fixiere dann am besten einen Punkt auf seiner Rückansicht und stiefele unter Abschaltung solcher Gedanken, wie weit es wohl noch sein möge, hinter ihm her. Wenn du nach oben siehst, erkennst du an den Stirnlampen der Frühstarter, wie entsetzlich weit es noch ist. Und fast noch wichtiger: Du hast den Vorteil eines gleichmäßigen Tempos. Je weiter hinten du dich in der Gruppe einreihst, umso unregelmäßiger wird es, denn jede Tempoänderung eines Vordermannes verstärkt sich in der Reihe immer mehr. Ich habe das sehr deutlich gespürt, als ich kurz vor Gillmans Point mit nach hinten ging, wo Tamara Probleme bekam. Aber wir schafften es erst einmal alle bis zum Kraterrand. Tamara kehrte dann mit dem 3. Guide um. Auf dem Weiterweg zum Uhuru-Peak (5895 m) mußten dann auch noch Rudi und Edgar passen, da Magen und Kreislauf nicht mehr so richtig wollten. Der 1. Guide Lawrence war nicht böse, mit ihnen umkehren zu können. So blieb es schließlich nur noch Ernst und mir, dazu unserem 2. Guide Nixon, vergönnt, bei strahlendem Sonnenschein auf dem Dach Afrikas zu stehen. Die letzten 210 Höhenmeter von Gilmans Point zum Uhuru-Peak bringen keine technischen Probleme. Es geht zwar zum Teil über Schneefelder, z. T. auch durch Büßerschnee, aber Steigeisen sind unnötig.

Wir stellen einmal mehr fest, daß keiner vor dem Aufstieg weiß, ob und wie stark ihn die Höhenkrankheit packen wird. Am Gipfel treffen wir eine nach ihren Worten ziemlich unsportliche Australierin, die ihrem Mann zuliebe - einem richtigen Crack - mit auf diese Tour gegangen war. Er aber mußte im Gegensatz zu ihr aufgeben, und sie war total happy. Wir hatten sicher unser Möglichstes im Rahmen dieser Tour für das Gelingen getan mit dem aktiven Gestalten der Umstände ("Step high - sleep down"-Methode, Aufbruchzeit, Tempo). Ich für meine Person hätte ein vorzeitiges Umkehren nach all den Vorbereitungen als schmerzliche Niederlage empfunden. Direkt vor der Reise hatte ich mich eine Woche am Gran Paradiso akklimatisiert, hatte dort in ca. 3000 m Höhe gebiwakt und dabei neben dem Gran Paradiso (4081 m) noch verschiedene andere Touren über 3000 m unternommen. (Bericht darüber s. "Touren"). Ob das der Grund war, weiß ich nicht genau, auf jeden Fall hatte ich am Kibo keinerlei Höhenprobleme.

Der Abstieg (reichlich 2000 Höhenmeter zum Camp Horombo) ist schnell erzählt. Das Geröllfeld wurde sehr zügig abgefahren. An der Kibo-Hütte trafen wir uns wieder mit den anderen unserer Gruppe, die sich ganz gut erholt hatten und etwas traurig über den verpaßten Gipfel waren. Unterwegs begegneten uns die Gipfelaspiranten des nächsten Tages, die hoffentlich mit unseren Tips etwas anfangen konnten.

Das Wetterglück blieb uns auch für den weiteren Abstieg treu. Zum Schluß gab es noch eine Situation zu meistern, die man mit Fingerspitzengefühl angehen sollte: Die Trinkgelder (empfohlen: ca. 50 - 60 US-$ pro Teilnehmer für die gesamte Crew). Hier ist unbedingt eine Hierarchie einzuhalten, aber auch dafür zu sorgen, daß alle ihren Teil abbekommen. Unsere Empfehlung: Die Aufschlüsselung nach 1., 2., 3. Guide und Trägern genau aufschreiben, die Gesamtsumme und diese Liste dem 1. Guide im Beisein eines Trägers bereits im letzten Camp Mandara überreichen, da mit den Trägern danach wahrscheinlich kein Kontakt mehr ist - sie steigen eher ab. Die Guides erhielten dann im Hotel weitere Geschenke von uns (Ausrüstungsgegenstände).

Es ist wohl selbstverständlich, daß die 3 anschließenden Badetage im Luxus-Hotel-Komplex Jadini Beach (Mombasa Süd) mit dem Gefühl des Erfolges am Berg das ganze Unternehmen wunderbar abrundeten. Die gesamte Tour (31.7.-15.8.) mit Safaris, Bergbesteigung und Badetagen kostete bei diesem Veranstalter recht günstige 4500 DM.