Venezuela
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Beeindruckende
Naturwunder






Tepuis
mehr als 100,
nur einige besteigbar,
Erlaubnis erforderlich,
erlaubte Ziele wechseln,
vorher erkundigen!

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Tourenangebote
DAV Summit Club
ca. 6 TDM (22 Tage),
zuletzt '97 im Angebot.
Viele lokale Anbieter
(auch deutschsprach.) -
Kontaktadressen s. Reiseführer

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Literatur
Inseln in der Zeit
(Uwe George - GEO im Verlag Gruner + Jahr, ISBN 3-570-06212-0)
Superbuch, nach
dessen Lektüre viele
spontan aufbrachen!

Div. Reiseführer, u.a. "Reisen in Venezuela" (Rosteka, Puerto La Cruz), "Venezuela" (Vista Point Verlag Köln)

Zeitschr. "Bergsteiger" 11/94, S. 66 ff.

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Individualreisende:
Erlaubnis für Zelten in Nationalparks od. Tepuibesteigungen bei Inparques (in Caracas in Av. Rómulo Gallegos neben Metrostation "Parque del Este", auch in allen gr. Städten).


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Weitere Tips:
Dt. Hektik ablegen - es geht kaum etwas pünktlich.
Fatalismus bei Inlandflügen nötig - Technik und Personal besser nicht genauer ansehen!
Aktuellen Stand der notwendigen tropenmediz. Prophylaxe erkunden.

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Bergsteiger-Aspekt
Tepuis werden gelegentlich beklettert (s. Bernd Arnold im Alpenvereinsjahrbuch '95, S. 122 ff.; Will Hair in "Klettern" 4/98, S. 84 ff.), was ich aber für zumind. bedenklich vom naturschützerischen Standpunkt halte.

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In den Anden bei Mérida einige schöne Berge um 5000m, die aber aus Witterungsgründen in der Trockenzeit (um Weihnachten) bestiegen werden sollten.

                Inseln in der Zeit

Unvergeßliche Berg- und Naturerlebnisse im Lande der Tepuis
Traumtour mit dem DAV Summit Club 1994

Vielleicht habt auch Ihr sie schon einmal im Film gesehen, die fasznierenden Tafelberge mit den bis 1000m hohen Steilwänden in Venezuela, von denen sich mutige Gleitschirmflieger in die Tiefe stürzten. Sie beeindruckten mich aus der Sicht des Felskletterers, und so zögerte ich nicht lange, als sich die Chance des Kennenlernens bot. Da ahnte ich noch nicht, was auf mich zukommt. Doch je mehr ich von ihnen erfuhr, desto mehr zogen sie mich in ihren Bann. Es soll mehr als 100 von diesen 'Tepui' (in der Sprache der Pemón-Indianer 'Haus der Götter') genannten Bastionen in dieser erdgeschichtlich so unheimlich alten Formation des Guayana-Schildes geben, und nur wenige sind bestiegen. Die bekannte Theorie Wegeners, daß Südamerika und Afrika einst den Superkontinent Gondwana bildeten, bevor sie vor 250 Millionen Jahren auseinanderzudriften begannen, basiert auch auf der Tatsache, daß hier und in der Westsahara gleiche Sandsteine anzutreffen sind, die vor ca. 1,7 Milliarden Jahren entstanden sein sollen. Die Dinos lebten vor 40 Millionen Jahren. Kein Wunder, daß der Schriftsteller C. Doyle für sein oft verfilmtes Abenteuerbuch "Die verlorene Welt", in dem Forscher auf diese Wesen stoßen, das Gipfelplateau eines solchen Berges als Handlungsort wählte.

Unser Toyota-Geländewagen mit seinem 4-Rad-Antrieb hatte den Wahrheitsgehalt des Werbeslogans bereits mehrfach bestätigt, aber nun saßen wir endgültig fest, im Dunklen und mitten in einem kleinen Fluß. Das erste Fahrzeug hatte die Böschung so zerfahren, daß das unsrige festsaß. Fluchend stand der Fahrer im Schlamm und machte das Drahtseil der Seilwinde fest. Und das nach mehr als 700 km Fahrt und vielleicht 15 km von unserem heutigen Ziel entfernt, dem Indianerdorf Paraitepui!

Eisige Wassermassen prasseln vom Himmel. Fröstelnd verkriechen wir uns immer tiefer unter den Überhang, obwohl wir eh schon total naß sind, erst vom schweißtreibenden Anstieg, dann vom einsetzenden Regen, dem wir an einer schwierigeren Felsstufe nicht ganz ausweichen konnten. Der Gipfel des Tepui Kukenam (2600 m) ist nicht mehr weit. Vom Indianerdorf hatten wir einen Tagesmarsch durch die offene Landschaft der Gran Sabana zurückgelegt, um an seinen Fuß zu gelangen. Heute ging es einen weiteren Tag lang durch tückischen Bergregenwald, durchsetzt mit Felsblöcken, steil aufwärts. Wir waren voller Spannung, wie der Gipfel sich darstellen würde. 1000 m Steilwand zwischen Fuß und Plateau mit 10° Temperaturunterschied und total anderem Klima führen zu einer Isolation, die eine völlig losgelöste Evolution bewirkte. 80 % der Pflanzen wachsen nur dort oben und nirgends sonst auf der Welt, und auch die Tierwelt hält - wenn auch nicht gerade die Flugechsen von Doyle - so manche Überraschung für die Forscher bereit.

Es erscheint alles total unwirklich. Ich fühle mich als Eindringling in eine fremde Weit. Der riesige Gipfel bildet eine durch skurrile Felsformen zernarbte Fläche. Völlig unfaßbar für mich-. Ein richtiger Fluß fließt hier oben. Woher nur nimmt der beständig das viele Wasser? Die Pflanzen bilden Polster zwischen Steinen und Pfützen. Immer neue Formen machen auf sich aufmerksam. Der häufige Regen spült die Nährstoffe aus, so daß sich viele Arten auf Beikost in Form von Insekten umgestellt haben. Einige ähneln mit ihren Leimruten dem Sonnentau, andere bilden hohe, glatte Trichter mit nach unten gerichteten Borsten. Und dann sehe ich auch ihn, ein lebendes Fossil, eine anderswo längst ausgestorbene Urform des Frosches: Oreophrynella, schwarz, bis 2 cm groß (oder besser klein?) und kriechend statt hüpfend. Seine Entdeckung war eine wissenschaftliche Sensation. Leider muß ich in 2 Stunden schon wieder am Biwakplatz sein. Wir müssen rechtzeitig den Abstieg angehen, denn die Nacht kommt hier in Äquatornähe fast übergangslos schon gegen 19 Uhr. Die indianischen Führer halten sich ohnehin nur mit Unbehagen hier oben auf, weil die Tepuis in ihren Überlieferungen der Sitz böser Götter sind. Auch mir ist unbehaglich, weil mir bewußt wird, daß wir hier eigentlich nichts zu suchen haben. Jeder versehentliche (und manchmal auch unvermeidliche) Tritt auf einen Teil dieser sensiblen Pflanzenwelt ist zerstörend. Zum Glück sind fast alle Tepuis so schwer zugängig, daß eine Touristeninvasion (bisher) kaum zu befürchten ist.

Etwas mulmig wird uns schon, als der indianische Bootsführer darauf hinweist, die Hände unbedingt vom Rand fernzuhalten. Dann gibt er dem Außenbordmotor kräftig Gas und jagt mit dem Einbaum, der außer den 10 Personen auch noch mit Gepäck und einem Benzinfaß beladen ist, über die Stromschnellen hinweg. Auf dem Bug sitzt ein Indianerjunge und dirigiert mit Handzeichen. Während es uns ein paarmal durchrüttelt, denke ich an meine leichtsinnigerweise im Gepäck belassenen Papiere. Aber auch hier zeigt sich wieder die außerordentliche Geschicklichkeit der Ureinwohner. Wir fahren schon seit Stunden auf dem Rio Carrao, einem Nebenfluß des Orinoco, durch den tropischen Regenwald. Hin und wieder sonnen sich Schildkröten auf Baumstämmen am Ufer. In dieser Landschaft sind Boote und Flugzeuge die einzige Verkehrsmöglichkeit. Letzte Nacht verbrachten wir am Ufer in Hängematten unter dem Moskitonetz, das vor allem vor den Buri-Buri (winzige Beißfliegen) schützen soll. Die Verpflegung ist spartanisch, getrunken wird grundsätzlich das von Humusstoffen braune Wasser des hier bis zu 200 m breiten Flusses - ohne Folgen. Heute nun fahren wir den reißenden Rio Churun gewissermaßen ein Stück in den gewaltigsten Tepui hinein, den Auyan Tepui (400 qkm Öberfläche). Wir haben ein außergewöhnliches Ziel: Salto Angel, höchster freifallender Wasserfall der Erde. Und dann sehen wir ihn in ganzer Schönheit vor uns - bei Tepuis mit ihren beständigen Wolkenhauben eher eine Seltenheit. Wir erstarren in Andacht. Aus fast 1000 m Höhe, 15 x höher als die Niagarafälle, stürzen die Wassermassen vom Gipfel in die Tiefe, zerstäuben dabei zu einem gigantischen Vorhang und wecken erneut die Frage in mir: Woher nur nimmt der beständig das viele Wasser?

Heute steht 'Karibik pur' auf dem Programm. Im Morrocoy-Nationalpark bringt uns ein Kutter von der Anlegestelle des Ortes mit dem klangvollen Namen Chichirivichi zu einem Korallenriff, wo zunächst ausgiebig geschnorchelt wird - ein Erlebnis vom Feinsten. Danach liefern Kühlboxen ein lukullisches Extra nach den entbehrungsreichen Tagen im Urwald. Baden auf 2 Trauminseln mit feinem Sand, blauem Meer und braunen Mädchen wird trotzdem bald unbehaglich, weil uns die Sonne schon beim Schnorcheln zu reichlich zugesetzt hat. Eine Fahrt durch die mangrovenbewachsenen Inseln und Inselchen mit ihrer Vogelwelt (Pelikane, Fregattvögel ... ) sorgt noch einmal für Abwechslung. Doch dann wartet schon das Auto für die Rückfahrt nach Valencia, wo d a s Essen der ganzen Tour genossen wird: Super-Steaks bis zum Abwinken, exotische Beilagen, Saucen, Salate... im sogen. "Klub der Rinderzüchter", einer rustikalen, halboffenen Gaststätte mit echt südamerikanischem Flair.

Schnaufend steigen wir die letzten Meter zum Gipfel des Pico Humboldt (4942 m) im venezuelanischen Teil der Anden, der Cordillera de Merida. Nur einen Augenblick lang sehen wir den benachbarten Pico Bonpland, dann versinkt wieder alles in der Nebelsuppe. Zum Glück waren die Schneebedingungen sehr gut (zumindest für uns, die wir der Spur des einheimischen Begleiters folgten). Günter, unser erfahrener Leiter vom Summit-Club (und Bezwinger des Mount Everest!), war nicht ganz gesund, aber schließlich schafften es alle nach der bewährten 'Langsam-aber-sicher-Methode'. Nur die 2 Youngster der Gruppe mußten schon am Vortag beim Aufstieg zum Lager an der Laguna Verde, einem Gletschersee in 4200 m Höhe, mit Anzeichen von Höhenkrankheit kapitulieren. Spätestens hier verstanden auch alle, daß solche Bergbesteigungen in den Anden und Touren im Amazonas-Regenwald äußerst schlecht zusammenpassen. In der Trockenzeit müßten die Boote oft getragen, gehoben und geschoben werden, in der Regenzeit aber gibt es hier in den Bergen meist das sprichwörtliche Sauwetter. Und da steckten wir mittendrin. Deshalb waren die meisten heilfroh, als entgegen der Planung schon 1 Tag eher in das viel wärmere Tal von Merida abgestiegen wurde.

Der verlorene Tag wurde noch ein Gewinn. Mein Zeltpartner Christian und ich erfüllten uns für eine halbe Stunde den langgehegten Traum vom Fliegen. Für 40 $ erlebten wir dieses für Bergsteiger gelegentlich nicht so ganz unbekannte Gefühl bei idealsten Bedingungen. Ich hatte noch nie zuvor einen Platz gesehen, wo die traumhafte Thermik Start (mit max. 2 Schritten Anlauf) und Landung bei einem Gleitschirm-Tandemflug an ein- und derselben Stelle problemlos ermöglicht. Die anderen waren inzwischen in einer Warmwasserquelle baden - und später ein wenig neidisch auf uns.

Es gäbe noch viel zu erzählen. Worte allein reichen aber kaum aus, um all die Eindrücke und besonders die von einem Tepui zu vermitteln. Auf jeden Fall war es für mich die Reise mit den phantastischsten und vielfältigsten Natureindrücken überhaupt. Man sagt, daß "tepuisüchtig" wird, wer einmal auf einem solchen "Haus der Götter" stand. Ich weiß, ich bin es.