Immer wieder Russland - diesmal zum "Heiligen Meer" Baikal!
Immer wieder wurde ich gefragt: "Du warst schon sehr oft in Russland unterwegs, da warst du doch bestimmt schon am Baikal?"
Nun kann ich endlich, endlich mit "Ja!" antworten!
Aber der Reihe nach. Bei der diesjährigen Reisemesse in Dresden begegneten wir erneut Herrn Tscherkaschenin von "Baikaltours". Wir waren schon 2014 bei unserer Altai-Reise von der hohen Qualität der Organisation begeistert. Sein Sohn zeigte auf der Messe einen Vortrag zur angebotenen Tour "Trekking am Baikalsee". - "Nichts für unsere Altersklasse!" entschieden wir spontan, sahen uns dann aber zu Hause noch einmal genauer den Katalog an, stolperten dabei schließlich über die Tour
"Erlebnis - Baikalsee".
Dieses Angebot klang deutlich entspannter. Hinzu kam, dass Rita doch schon immer mal mit der Transsibirischen Eisenbahn reisen wollte. Außerdem schien das Programm auch diesmal den unmittelbaren, engen Kontakt zu den Einheimischen zu garantieren. Den Ausschlag gab dann schließlich, dass wir bei der weiteren Recherche auf etwas für uns höchst Interessantes stießen:
Bei einem Ausflug ins Bargusin-Tal soll auch eine Natur-Burg besichtigt werden - das konnte doch nur der auch als "Sächsische Burg" bezeichnete Felsberg "Suvinskij zamok" sein. Da schlägt doch das Herz von sächsischen Felskletterern gleich mal so richtig Alarm!!!
Kurz entschlossen, meldeten wir uns für die Reise vom 27.07.-11.08.2019 an.
Wertvolle Dienste bei der Vorbereitung leistete uns der von "Baikaltours" vorab zugeschickte, hervorragend recherchierte Reiseführer "Baikalsee" (Heike Mall/Roger Just, ISBN 9783744833424)
Die Tour sah vor:
|
8 Schweizer, 6 Deutsche, 2 Österreicher.
Unsere Moskauer Reiseleiterin Elena führte uns bei der Stadtbesichtigung u. a. zum Roten Platz, zur Christi-Erlöser-Kathedrale und zur Aussichtsplattform auf den Sperlingsbergen an der Universität. | ![]() |
Danach startete auch schon ab dem Jaroslawler Bahnhof die Fahrt mit der Transsib. In unserem 4er-Abteil reisten wir mit den beiden angenehmen Österreichern (Vater und Sohn) aus Linz. Die 4 Tage und Nächte verlaufen ziemlich entspannt - mit zunehmender Dauer vermisst man aber immer mehr eine über das Mini-Waschbecken in der Toilette hinausgehende Möglichkeit der Körperpflege… Selbstverpflegung ist angesagt - entweder im Speisewagen, mit Mitgebrachtem oder mit bei einigen Stopps in Bahnsteig-Kiosken erworbenen Lebensmitteln. Die oft in Reiseführern bzw. in Berichten im Internet gepriesenen "Babuschkas mit selbstbereiteten Speisen" werden inzwischen leider ausgesperrt und bieten gelegentlich nur noch durch den Zaun ihre leckeren Waren an. |
Mit 1 Stunde Verspätung erreichen wir nach 85 Stunden und 5193 km Irkutsk.
Für die nächsten 9 Tage wird Marina unsere Reiseleiterin sein. Sie spricht sehr gut deutsch und empfing uns direkt am Zug. Sie verstand es in ihrer unkomplizierten, mitreißenden Art sofort, uns zu ihrer "Brigade" zu vereinen. Vielen Dank, liebe Marina, du warst der gute Geist und der Garant, der unsere Reise zu einem unvergesslichen Erlebnis werden ließ!!! Sie erklärte uns auch, dass man als echter Sibiriak bei allen möglichen Gelegenheiten "schamanisieren" muss - natürlich mit Wodka. Diese Zeremonie wurde dann auch während der gesamten Reise immer wieder mit Begeisterung zelebriert. |
aber ein paar Höhepunkte seien genannt:
- Auf dem Turm der Erlöser-Kirche demonstriert uns ein Irkutsker Glockenspiel-Lehrer, wie er mit Schnüren durch Hand- und Fußbetrieb die verschiedenen Glocken als harmonische Klangfolge ertönen lässt. Er unterrichtet Schüler in dieser Kunst - und einige von uns dürfen es auch einmal probieren.
- Das wunderschön an der Angara gelegene Freilichtmuseum in Talzy (auf dem Weg nach Listwjanka, der sogen. "Baikal-Riviera") - beeindruckt mit originalen alten Bauern- und Kosakenhäusern, die in den Regionen Bratsk und Ust-Ilimsk vor den dort angelegten Angara-Stauseen gerettet und hier wieder aufgebaut wurden.
- Die imposanten Steilküsten der Insel Olchon erkundeten wir bei einer Fahrt mit geländegängigen UAZ-Kübelwagen über unglaubliche Buckelpisten.
- Die 8-stündige Schiffs-Überfahrt von der Insel Olchon zur Ostküste des Sees wurde wegen des ziemlich unsanften Seegangs von einigen sicherlich nicht unbedingt als Höhepunkt empfunden.
- Von Ust-Bargusin aus führten Ausflüge in das Tal des Flusses Bargusin, zur gleichnamigen Stadt und zur "Sächsischen Burg", am folgenden Tag zum Meerbusen Tschivirkuiskij mit Bad in den heißen Quellen der Schlangenbucht.
- Den "freien Tag" verbrachten die meisten am Strand von Ust-Bargusin mit Wechsel von Banja am und Baden im Baikal, dazu Fisch-Essen (Omul, der bekannte Baikal-Fisch).
Wir 2 aber mieten uns als Fahrer und Führer Iwan, einen unserer Gastgeber, mit seinem UAZ und erkunden die ca. 70 km entfernte "Sächsischen Burg" nochmals genauer. Schließlich hatten wir ja extra dafür unsere neu erworbene Foto-Drohne mitgenommen!
Der stark verwitterte, bröselnde Granit erweist sich dabei als zum Klettern ziemlich ungeeignet…
Nebenbei erwähnt: Hier fanden wir auch einen der insgesamt 12 Geo-Caches während dieser Reise. - Die unerwartet moderne, jugendliche (Durchschnittsalter der Bevölkerung: knapp über 30!), stark asiatisch geprägte Hauptstadt Burjatiens Ulan-Udé mit ihrem angenehmen Flair (z. B. tanzende Fontänen zu klassischer Musik auf dem Theaterplatz) und dem monströsen Lenin-Denkmal (weltgrößte Porträtbüste) ist unbedingt sehenswert!
- Das berühmte buddhistische Kloster Iwolginski Dazan (ca. 30 km von Ulan-Udé) mit seiner für uns fremden Aura lässt uns eine völlig andere geistige Welt erahnen.
- Der Besuch im Altgläubigen-Dorf Bolschoy Kunalei war ein letzter großer Höhepunkt. Unsere Ulan-Udé-Reiseleiterin Lena ist selbst dieser Herkunft und konnte uns ganz authentisch mit der Geschichte der altgläubigen religiösen Volksgruppe vertraut machen. Diese spaltete sich im 17. Jh. von den Orthodoxen ab und wurden nach Zeiten der Verfolgung und Abwanderung in polnische Gebiete im 18. Jh. von Zarin Katharina II. in Gebiete des Altai und östlich des Baikalsees umgesiedelt, wo sie weitgehend ihre Kultur und Lebensweise beibehielten.
Beeindruckend der herzliche Empfang, die köstliche Bewirtung und die folkloristischen Darbietungen für uns in einem der mit Holzschnitzereien reich verzierten typischen Häuser! - Ganz besonders muss man aber die herzliche Gastfreundschaft hervorheben, mit der man uns überall empfangen hat. Wir waren 2 x für mehrere Nächte bei Familien untergebracht und außerdem 3 x unterwegs bei privaten Familien zum Essen eingeladen - einfach super!
Folklore im Altgläubigen-Dorf Bolschoy Kunalei
Fazit: Alles in allem gab es viele interessante Erlebnisse und Begegnungen mit gastfreundlichen Menschen in grandioser Umgebung.
Eine gut funktionierende Reisegruppe und eine Leitung, die die Organisation immer fest im Griff hatte, sorgten für den nötigen Rahmen.
Allerdings bleibt im Rückblick auch ein ungutes Gefühl zurück: Eine immer größer werdende Anzahl an Touristen - unübersehbar besonders aus dem nicht so weit entfernten Reich der Mitte - überflutet die schönsten und attraktivsten Sehenswürdikeiten, ohne dass die dafür notwendige Infrastruktur vorhanden wäre. Das bekamen wir besonders auf der an sich so wunderschönen Insel Olchon zu spüren, die auf dem besten Wege ist, "totgeliebt" zu werden - überall an den attraktivsten Stellen wimmelt es von Fahrzeugen und Menschen. Ist es nicht fatal, wenn mitten auf dem größten Süßwasserreservoir der Erde das lebensnotwendige Nass mit Tankwagen zu den Häusern gebracht werden muss, wenn statt auf befestigten Straßen die Flut der Touristen nur über staubige Buckelpisten zu den Highlights gekarrt wird, wenn eine ordentliche Müllentsorgung nicht gewährleistet ist?
Bleibt zu hoffen, dass hier bald regulierend eingegriffen wird...